E-Bike-Fahrer kollidiert mit Bauschuttcontainer

Der Bestand an E-Bikes ist in Deutschland in den vergangenen Jahren, insbesondere auch ausgelöst durch die Pandemie, enorm angestiegen. Man kann durchaus davon ausgehen, dass der Anteil an neu gekauften E-Bikes in Bezug auf den gesamten Kaufbestand bei Fahrrädern bei ca. 80 % liegt. Aufgrund der wesentlich höheren Geschwindigkeit dieser elektrobetriebenen Fahrräder ist das Gefahrenpotenzial, nicht nur auf Radwegen und Straßen, enorm gestiegen. Aktuell hatte sich die höchstrichterliche Rechtsprechung mit einem Fall zu beschäftigen, wo auf dem Gehweg im Rahmen von Bautätigkeiten ein Bauschuttcontainer abgestellt war und ein E-Bike-Fahrer dagegen fuhr. Dabei hat die Rechtsprechung klargestellt, dass den E-Bike-Fahrern auch eine besondere Aufmerksamkeitspflicht obliegt. Dieses kann aber auch den normalen Radfahrer treffen.

 

„Benutzt ein Fahrrad- oder E-Bike-Fahrer den Gehweg und fährt er in der Dunkelheit gegen einen Bauschuttcontainer, der in den Bereich des zwischen der Fahrbahn und dem Baugrundstück verlaufenden Gehwegs hineinragt, trifft ihn an den dadurch entstehenden Schäden und Verletzungen ein Mitverschulden“. Dem lag folgender Fall zugrunde: Ein Fahrradfahrer befährt mit seinem E-Bike abends einen Gehweg. Wegen des schlechten Untergrunds hat er die Fahrradlampe auf den Nahbereich eingestellt. Gegen 21:30 Uhr passiert er das Grundstück des Bauherrn. Dabei kollidierte er mit einem in den Gehwegsbereich hineinragenden Bauschuttcontainer. Er stürzt und erleidet erhebliche Verletzungen. Sein E-Bike wird beschädigt und weitere Schäden an der wertvollen Bekleidung sowie kostbaren Armbanduhr werden festgestellt. Der Fahrer erhebt Klage gegen den Bauunternehmer, der den Container im Auftrag des Bauherrn aufgestellt hatte, sowie auch gegen den Bauherrn selbst wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten. Er macht Schadensersatzansprüche i.H.v. 20.000,00 € zzgl. 10.000,00 € Schmerzensgeld geltend.

 

Mit seiner Klage hat der Fahrer nur zum Teil Erfolg. Die gerichtlich geltend gemachten Ansprüche werden wegen Mitverschuldens um ein Drittel gekürzt. Der Bauherr und der Bauunternehmer sind grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet, weil die Aufstellung des Containers gegen die Regelungen der Bauordnung des dortigen Bundeslandes sowie gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen hat. Nach der Bauordnung sind Baustellen so einzurichten, dass Gefahren nicht entstehen. Gegebenenfalls sind Warnzeichen und Schutzvorrichtungen anzubringen. Die Straßenverkehrsordnung verbietet, Gegenstände auf die Straße zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert wird. Verkehrshindernisse sind mit einer Lichtquelle zu beleuchten oder durch andere zugelassene lichttechnische Einrichtungen kenntlich zu machen. Der E-Bike-Fahrer hatte allerdings gegen das Fahrbahnbenutzungsgebot verstoßen. Dazu hatte das Gericht auch festgestellt: „Fahrräder und E-Bikes müssen die Fahrbahn benutzen. Gehwege dürfen von Fahrrädern und E-Bikes grundsätzlich nicht benutzt werden“. – Besonders zu berücksichtigen ist – so das zuständige Gericht – der Umstand, dass für die den Gehweg berechtigt benutzenden Personen, Fußgänger oder fahrradfahrende Kinder, üblicherweise deutlicher langsamer sind als die (erwachsenen) Fahrrad- oder E-Bike-Fahrer. Letztere haben aber in erhöhtem Maße mit Hindernissen oder langsameren Verkehrsteilnehmern, mit welchen sie kollidieren können, zu rechnen. Dieses gilt dann insbesondere bei Dunkelheit und nach der Straßenverkehrsordnung gegebenen Sichtfahrgebot. Danach darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke angehalten werden kann. Die übersehbare Strecke ergibt sich hier bei Dunkelheit aus der Einstellung des Scheinwerferkegels. Der betreffende E Bike-Fahrer hätte also seine Geschwindigkeit so einstellen müssen, dass er innerhalb des Lichtkegels des eingestellten Scheinwerfers jederzeit anhalten konnte.

 

Baustelleneinrichtungen können also in jeglicher Hinsicht Haftungsfragen auslösen.

 

Hiddenhausen, den 28.08.2023

 

gez. Eckard Gläsker

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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