Im Baurecht ist Vertragstreue besonders wichtig

Rund um das private Baurecht werden eine Vielzahl von einzelnen Verträgen geschlossen, Planungsaufträge, Baudurchführungsverträge, Rohbauverträge, Bodengutachten, Architektenverträge, etc.. Alle Verträge setzen die gleichen Grundbedingungen voraus, nämlich dass die jeweiligen Vertragspartner sich während der Durchführung ihrer Verträge vertragstreu verhalten und insbesondere keine vertraglichen Abänderungen einseitig betreiben oder in Verzug geraten. Eine ganz wichtige Schaltstelle im gesamten Bauablaufs ist die Abnahme. Wenn das Bauwerk, gleichgültig ob schlüsselfertig oder nur als Rohbau zu erstellen, nach den vertraglichen Leistungsverzeichnissen vollständig ausgeführt worden ist, hat der Unternehmer Anspruch auf Abnahme seines Gewerkes durch den Auftraggeber (Bauherrn). In vielen Fällen, insbesondere wenn Bauherren der Ansicht sind es haben sich schon Mängel eingeschlichen, wird die Abnahme gern verweigert. Solch eine Verweigerung ist dann unzulässig, wenn die erbrachte Leistung „abnahmereif“ ist. Eine solche Abnahmereife ist gegeben, wenn das Werk im Wesentlichen vertragsgerecht erstellt und der Auftraggeber dieses als solche entgegennimmt. Eine förmliche Abnahme (schriftliches Abnahmeprotokoll) ist nur dann durchzuführen, wenn solches vorher im Bauvertrag entsprechend schriftlich vereinbart ist. Ansonsten reicht die einfache Übergabe des Objektes aus. Einzelne noch ausstehende Restarbeiten können dabei die Abnahme nicht verhindern, auch nicht der Umstand, wenn der Auftraggeber (Bauherr) Bedenken gegen einen Teil der Leistung angemeldet hat. Ausreichend ist, dass die Gesamtleistung des Unternehmers sich als „im Wesentlichen vertragsgerecht“ darstellt (so zuletzt der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 2021). Ab wann dieses gilt, ist eine Rechtsfrage. Es ist also nach der Beurteilung eines zur Rechtsprechung berufenen Gerichtes entscheidend, ob wesentliche oder unwesentliche Mängel bzw. Restarbeiten vorliegen. Letztendlich kann solches auch bei strittigen Fachfragen nur durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden.

 

Ein anderer Bereich, wo es um Vertragstreue geht, stellt sich in der Rechtsprechung im Rahmen von so genannten Schwarzgeldzahlungen dar. Hier ist besondere Vorsicht geboten und solches zu vermeiden. So kann z.B. nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung auch ein schwarz gezahlter Vorschuss zurückgefordert werden, wenn die Gegenleistung noch gar nicht erbracht ist, der Schwarzgeldbetrag also im Vorgriff auf erst künftig zu erbringenden Leistungen – quasi als Vorauszahlung – gezahlt worden ist.

Liegt ein solcher Fall vor, kann bei späterem Scheitern der Durchführung des Vertrages dieser schwarz gezahlte Vorschuss in der Tat nicht mehr zurückgefordert werden. Dieser Konsequenz sollten sich die Vertragspartner bewusst sein. Außerdem gilt, dass bei Schwarzgeld-Abreden sämtliche rechtliche Verpflichtungen entfallen, sowohl die Verpflichtung zur Vertragsdurchführung, als auch nachfolgende Gewährleistungsansprüche.

 

Im Rahmen der Erbringung von Bauleistungen in Siedlungsgebieten, wo also Nachbargebäude dicht aneinander stehen können, kann es immer wieder zu Schäden an Nachbargebäuden kommen. Dabei sind die Nachbarn dann oftmals der Meinung, der auf dem anderen Nachbargebäude tätige Handwerker haftet für die Schäden an seinem Gebäude. Dieses ist nicht der Fall! Da es um reines Nachbarrecht geht, sind nur die jeweiligen Grundstückseigentümer gegeneinander und füreinander verpflichtet. Der Handwerker ist insoweit der Erfüllungsgehilfe des Grundstücks- und Gebäudeeigentümers. Für dessen mögliche Fehlleistungen haftet der Eigentümer im Außenverhältnis.

 

Immer wieder treten Schwierigkeiten im Bereich von Bodenarbeiten auf. Bei unklaren Verhältnissen empfiehlt es sich auf jeden Fall, vor Beauftragung eines Bauunternehmers ein Bodengutachten einzuholen. Die dort zunächst investierten Kosten stellen sich oftmals im Nachhinein als sehr gute Investition heraus. Bauverträge, auch solche die bis ins Einzelne hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen ausgehandelt und beschrieben sind, können trotzdem immer wieder zu bösen Überraschungen führen, wenn zum Beispiel sich die Druckwasserverhältnisse im Boden später ganz anders darstellen, als ursprünglich angenommen. Solche Unklarheiten gehen immer zulasten des Auftraggebers (Bauherren) und führen zu entsprechenden Mehrvergütungs- oder Schadensersatzansprüchen des Unternehmers.

 

Hiddenhausen, den 26.09.2022

 

gez. Eckard Gläsker

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bau-, Architekten- und Verwaltungsrecht

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